Langzeitstillen – Wie lange darf ich mein Kind stillen?

Das natürliche Abstillalter eines Kindes liegt eigentlich bei zwei bis vier oder sogar mehr Jahren. Das heisst, ein längeres Stillen bis ins Kleinkindalter wäre eigentlich normal. Unsere Gesellschaft, die Arbeitswelt, aber auch unsere kulturell geprägten normativen Vorstellungen darüber begrenzt das Stillen aufs Babyalter. In unserer Kultur grenzt es fast an ein Tabu, ein Kleinkind noch etwas länger zu stillen. Sobald die Grenze vom Baby zum Kleinkind überschritten ist, wird es als Norm angesehen, nicht mehr zu stillen. Das liegt unter anderem an der fehlenden Unterstützung bei Stillproblemen, aber eben auch an verunsichernden Fragen und Kommentaren aus dem persönlichen Umfeld der Frau, manchmal auch von medizinischem Fachpersonal. 

Länger zu stillen ist durchaus sinnvoll. Schliesslich hat das Stillen bis ins Kleinkindalter hat viele Vorteile - nicht nur fürs Kind, sondern auch für die Mutter: Muttermilch ist auch in der Beikostzeit die natürlichste und wertvollste Nahrung fürs Kind. Mit der Muttermilch erhält das Kind bestimmte antimikrobielle, entzündungshemmende und das Immunsystem unterstützende Bestandteile, die es vor Infektionen schützen. Längeres Stillen wirkt sich positiv auf die Kieferentwicklung aus. Stillen tröstet und beruhigt dein Kind, es erhält viel Körperkontakt und kann sein Saugbedürfnis stillen. Auch für die Stillende senkt sich dadurch das Risiko, etwa an Brustkrebs, Eierstockkrebs, Diabetes Typ 2 oder auch Bluthochdruck zu erkranken. Auch aus diesen Gründen empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Stillen neben geeigneter Beikost bis zum zweiten Geburtstag des Kindes oder darüber hinaus, wenn Mutter und Kind das möchten. Der beste Zeitpunkt zum Abstillen ist immer eine individuelle Entscheidung. Abstillen selbst ist ein Prozess, der sich über einen nicht genau planbaren Zeitraum hinzieht. Auch beim Abstillen kannst du dich von deiner Hebamme oder einer Stillberaterin unterstützen lassen. 

Am besten hörst du auf dein Bauchgefühl und löst dich von externen Einflussfaktoren sowie Meinungen deines Umfelds. Du kannst dein Kind einfach weiterhin nach Bedarf stillen. Das kann bedeuten, dass vielleicht nur noch ein- bis zweimal pro Tag gestillt wird, zum Beispiel beim Aufwachen oder vor dem Schlafen gehen oder auch wesentlich häufiger. Oder auch mal einen Tag gar nicht. 

Weder der Beikostbeginn noch der Durchbruch der Zähne sind Gründe, mit dem Stillen aufzuhören. Milchzähne heissen nicht ohne Grund so: Sie entwickeln sich in einer Zeit, in der das Kind noch auf (Mutter-) Milch angewiesen ist. Beisst das Kind beim Stillen, merkt es normalerweise an der Reaktion der Mutter, dass dies nicht gewünscht ist. So stellen sich Mutter und Kind aufeinander ein. 

Grundsätzlich ist Stillen so lange gut und richtig, wie Mutter und Kind das möchten und es beiden guttut. Normalerweise stillen sich Kinder selbst ab, das heisst, sie verlangen nach und nach immer seltener nach der Brust. Bei Unsicherheiten oder Problemen geben Hebamme, Stillberaterin oder eine Stillgruppe Rat und unterstützen. Der Austausch mit anderen Frauen und deren Stillerfahrungen kann eine Bereicherung sein.

Die Dauer der Stillzeit ist ganz unterschiedlich und muss nicht im Vorfeld festgelegt werden. Entscheide individuell und von Monat zu Monat, was für dein Kind und dich passend ist. Eine längere Stillzeit ist ursprünglich oft nicht geplant, sondern ergibt sich Stück für Stück für Mutter und Kind, weil es für beide stimmig ist. 

Das Abstillalter jedes Kindes ist individuell. Wie beim Stillen bewährt es sich auch hier, auf die eigene Intuition und die des Kindes zu hören. Das Stillen ist beendet, wenn das Kind nicht mehr an der Brust trinken möchte oder es nicht mehr danach verlangt, gestillt zu werden. Möchte oder kann die Mutter nicht mehr stillen, ist die Stillzeit ebenfalls zu Ende.